Legenden des Arbeitsrechts - Teil 1 - oder wie war das nochmals mit dem "Abfindungsanspruch"!?

Ja, es stimmt, ca. 80 % der Kündigungsschutzprozesse (konkret eine Festellungsklage zur Unwirksamkeit einer Kündigung) vor den deutschen Arbeitsgerichten, enden mit einem sog. Abfindungsvergleich:
In aller Regel wird das aufgekündigte Vertragsende beibehalten und der geschasste Arbeitnehmer lässt sich seine weitere prozessuale Gegenwehr dadurch "abkaufen", als dass er durch eine Abfindung finanziell abgegolten wird.
Das Arbeitsverhältnis endet demnach fristgerecht. Der AN erhält idR mit seiner letzten Verdienstabrechnung sein Schlussgehalt und die Abfindung.
Soweit, so gut. Die durchaus nachvollziehbare menschliche Attitüde der Vereinfachung/Verkürzung in der Nacherzählung dieses Verfahrensablaufes (sog. "stille Post"), führt oftmals - insbesondere im Rheinland - dazu, dass beim Zuhörenden nur noch die Stichworte "Kündigung" + "Abfindung" ankommen. Irgendwann werden dann die Begriffe gleichgesetzt, um die Darstellung plausibel und vollständig zu machen. Der Umstand der erhaltener Kündigung soll dann einen Abfindungsanspruch auslösen.
 
NEIN und nochmals NEIN, so ist gerade nicht.
 
Es existiert gerade keine Rechtsgrundlage, die da lauten soll: "Wer eine Kündigung erhält, dem steht eine Entlassungsentschädigung/Abfindung zu".
Auch wenn es moralisch-menschlich eine durchaus vernünftige Forderung zu sein scheint, Derartiges lässt sich nicht beim Arbeitsgericht durchsetzen.
Zwar ist es richtig, dass es einzelne (genau genommen 3) Ausnahmetatbestände gibt, die an eine Kündigung die Rechtsfolge Abfindung knüpfen. Diese Sachverhalte, etwa bei einer Sozialplankündigung (wo infolge einer betrieblichen Veränderung ein Sozialplan abgeschlossen wurde, der u.a, für die Belegschaft Abfindungen vorsieht) oder bei einer Kündigung nach § 1a KschG (wenn also der Chef bereits im Kündigungsschreiben selber eine Abfindung zusagt, sofern man/frau keine Kündigungsschutzklage - binnen 3 Wochen nach Zustellung der Kündigung !! - einreicht), sind aber eher selten.
Der Sonderfall von §§ 9,10 KschG setzt immer voraus, dass eine Prozesspartei den sog. Auflösungsantrag stellt + das Gericht letztlich eine Abfindung der Höhe nach festsetzt.

ANSONSTEN gilt bei "Regelkündigungen", dass man/frau sich die Abfindung erkämpfen muss. Jawohl dem Arbeitgeber muß soviel Druck gemacht, so dass er sich schließlich das Nachzahlungsrisiko wegen einer evtl. unwirksamen Künding "abkauft" + die Abfindung - der Riskoabwägung folgend - zahlt.
Es ist also kein Automatismus installiert, der einem sofort eine Abfindung verschafft.
Sofort (wie gesagt, es läuft eine 3-Wochen-Frist!) nach dem Zugang der Kündigung (Empfang möglichst nicht unterzeichnen) sollte fachkundiger Rechtsrat eingeholt werden, der genau weiß, wie eine solche Drohgebärde und Verhandlungspoker aufgebaut wird!
Bei anwaltlicher Interessensvertretung ist es zudem ratsam auf eine Rechtschutzversicherung zurückgreifen zu können, da in der ersten Instanz - örtliches Arbeitsgericht - kein Kostenerstattungsanspruch gegenüber demr Gegner besteht. Angenommen der Kündigungsschutzprozess wird gewonnen und gleichsam die Weiterschäftigungspflicht der Firma festgestelt (die Klage ist kein Selbstzweck), dann bleibt die Klagepartei auf ihren eigenen Auslagen (z.B. Anwaltshonorar) sprichwörtlich "sitzen".! Die unterliegende Firma muß dafür n i c h t aufkommen.
Übrigens: Bei arbeitsrechtlichen Streitigkeiten bestehen bei der Rechtsschutzversicherung in aller Regel eine Wartezeit von 3 Monaten. Sie tritt also erst nach 3 Monaten ein!
 
Wollen Sie fachkundig weiter darüber sprechen: Gerne unter 02241/ 975 994

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